"Bierexpedition" in Geislingens Altstadt 

Bierbotschafter Uli Kumpf zeigt die Fünftälerstadt aus besonderer Perspektive

Die Vielfalt unseres Sommerprogramms beinhaltet, neben sportlichen Aktivitäten, auch kulturelle Aspekte. In Begleitung unserer Ehefrauen und Partnerinnen begaben wir uns auf eine historische Exkursion durch die „Geislinger Bierkultur“. Ulrich Kumpf, Braumeister mit Leib und Seele, führte uns an historische Orte der Gaststätten- und Brautradition in Geislingen. Uli Kumpf, stilecht mit Brauermütze und Brauerschürze ausgestattet, begrüßte uns am Kirchplatz mit einem frischen Bier aus seiner eigenen Hausbrauanlage. Er erklärte uns, auf dem besten Wege zu sein, als erster „Bierbesen“ Deutschlands zertifiziert und zugelassen zu werden. Noch sind einige bürokratische Hürden zu nehmen. Dank der unkomplizierten Kooperation mit Geislingens Stadtverwaltung, darf der Bierbesen vorläufig mit 10 Öffnungstagen im Jahr an den Start gehen. Natürlich hofft Uli Kumpf, daß auch die zu beteiligenden Landes- und Bundesministerien für Landwirtschaft und Wirtschaft alsbald grünes Licht geben und er so richtig durchstarten kann. Sehr interessant und spannend hören sich seine Projekte wie Bierculinarien, Bierreisen oder die Brauwerkstatt an, womit auch unser Interesse geweckt wurde.

Schon die Antwort auf die Eingangsfrage, wieviel Brauereien es einstens in Geislingen gab, versetzte uns in Erstaunen. In 21 Braubetrieben wurde in Geislingen über die Jahrhunderte Bier gebraut. Von der ältesten Brauerei Glocke, gegründet 1560, führten uns weitere Stationen u.a. zu den ehemaligen Braustätten Adler, Stern, Sonne, Bierhalle, Stadthans, Schützen, Reben oder Löwen bis hin zur jüngsten und einzigen, heute noch in Geislingen existierenden, Kaiser Brauerei. Wir erfuhren Details zum Brauverfahren früherer Zeiten, etwa der Kühlung durch winterliche Natureisgewinnung am Eisgalgen, das in Eiskellern eingelagert wurde. Vereinzelte Kelleranlagen der ehemaligen Brauereien existieren noch heute im Untergrund von Geislingens Altstadt. Obwohl die meisten von uns in und um Geislingen aufgewachsen sind, zur Schule gegangen sind oder in der Fünftälerstadt gearbeitet haben, erfuhren wir viele historische Neuigkeiten. 24 Elfenbeinschnitzer, sogenannte „Beindrechsler“ bildeten ein bedeutendes wirtschaftliches Standbein der Fünftälerstadt. Mit Schachfiguren aus Elfenbein, hergestellt in Geislingen, spielte König Wilhelm I. von Württemberg sein königliches Spiel. 7 Mühlen waren zur Energiegewinnung im Einsatz, als es noch keinen Strom gab und Wasserkraft die Transmissionsriemen antrieb. 16 Metzgereien waren in der Altstadt beheimatet. Die von Pferden gezogenen 4- und 6-spännigen Kaufmannszüge wurden vor dem Albaufstieg umgespannt und entrichteten ihren Wegezoll. Die Pausen nutzten die Fuhrleute zur Einkehr, was die hohe Anzahl an Gaststätten erklärt. Weitere historische Details zur Industrialisierung, mit MAG und WMF und zum Eisenbahnbau streute Uli Kumpf in seine kurzweilige, knapp zweistündige Führung ein, untermalt von historischen Bildern und kleinen Anekdoten, etwa über den Lehrer und Dichter Daniel Schubart. Beendet wurde die interessante Exkursion in der ehemaligen Brauerei „Pflug“. Heute befindet sich an dieser historischen Braustätte die Altstadtkneipe „Spitze“, wo wir den Abend in gemütlicher Atmosphäre und bei interessanten Gesprächen mit unserem „Bierbotschafter“ ausklingen ließen. Wirt Thomas „Wanze“ Müller präsentierte sich als „Original“ unter den Wirtsleuten, wie man sie heute nur noch selten findet. Er bewirtete und unterhielt uns auf seine sehr persönliche Art. Wir genossen die besondere Atmosphäre bei klassischen Kässpätzle, Maultauschen, Linsen und Spätzle oder Wurstsalat und ließen ein wenig von dem aufleben, was man früher unter Wirtshauskultur verstand, die leider immer mehr verloren geht.  

 

 

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